Der Wissenschaftskrieg
Bereits 1995 behauptete Andrew Ross (ein Mitherausgeber von "Social Text"): der Wissenschaftskrieg (sei) eine zweite Front, die von den Erfolgen ihrer Legionen in den heiligen Kulturkriegen angespornte Konservative eröffnet hätten. Auf der Suche nach Erklärungen für ihren Prestigeverlust im öffentlichen Ansehen und für die spärlichen Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln haben sich konservative Naturwissenschaftler den Attacken gegen die üblichen Verdächtigen angeschlossen – Sozis, Feministinnen, Multi-Kultis.
Unter diesem Titel (Wissenschaftskrieg) erschien auch im Mai 1996 eine Sondernummer der Zeitschrift Social Text, in dem ein Artikel vom Physiker Alan Sokal mit dem Titel: „Die Grenzen überschreiten: Auf dem Weg zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation.“ abgedruckt wurde. Unmittelbar nach dem Erscheinen enthüllte Sokal diesen Artikel als einen Jux und fand sich am Cover der New York Times wieder. C’est la guerre, schrieb Le Figaro.
Seither ist die Kontroverse um Sokal’s Hoax nicht mehr abgebrochen. 1998 publizierte Sokal gemeinsam mit Jean Bricmont das Buch erschien dann „Intellektuelle Hochstabeleien“ – es erschien 1999 in Deutsch unter dem Titel „Eleganter Unsinn“ – eine Abrechnung mit den französischen Postmodernisten.
Neil Postman meinte 1999: Lest Diderot – nicht Derrida!
Hier einige ironisierende Auszüge aus dem umstrittenen Artikel von Alan Sokal:
Dadurch wurde immer deutlicher, dass die physische „Realität“, nicht weniger als die gesellschaftliche, im Grunde ein soziales und sprachliches Konstrukt ist, dass wissenschaftliche „Erkenntnis“ alles andere als objektiv ist, sondern die herrschenden Ideologien und Machtverhältnisse der Kultur, die sie hervorgebracht hat, widerspiegelt und verschlüsselt...
Auf diese Weise hält die unendlich dimensionale Invarianzgruppe die Unterscheidung zwischen Beobachter und Beobachtetem auf; das p Euklids und das G Newtons, die früher als konstant und invariant galten, werden heute in ihrer unabwendbaren Historizität gesehen.
Genau wie sich Feministinnen im Hinblick auf die rechtliche und soziale Gleichstellung sowie das Recht auf Selbstbesimmung (...) oft mit Minimalzielen zufriedengeben, sind liberale (...) Mathematiker oft damit zufrieden, innerhalb des von Zermelo und Fraenkel vorgegebenen und heute vorherrschenden Systems (das, als Spiegel seiner liberalen Ursprünge im 19. Jahrhundert, bereits das Axiom der Gleichheit enthält) zu arbeiten, wobei lediglich das Auswahlaxiom neu hinzugekommen ist. Dieses System ist für eine emanzipatorische Mathematik jedoch absolut ungenügend...
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