homosex und frauenpower
über die soziale dominanz der weibchen bei unseren nächsten verwandten, den bonobos oder zwergschimpansen (pan paniscus)
das spektrum der wissenschaft (mai 1995) stellte in einem ausführlichen artikel die neuesten erkenntnisse über das soziale gefüge der bonobos dar, einer primatenart, deren erbmasse zu mehr als 98 prozent mit dem unseren identisch ist. daneben gibt es auch andere ähnlichkeiten: das vorhandensein von lippen, nach vorne verlagerte genitalien (und damit einhergehend die begattung von angesicht zu angesicht, more hominum, wie Tratz und Heck bereits 1954 festgestellt haben) und die weitgehende entkopplung der sexualität von der fortpflanzung (bonobos paaren sich auch außerhalb der fortpflanzungsperiode regelmäßig, wobei homosexuelle kontakte nichts außergewöhnliches sind). weiters wurden intensive zungenküsse beobachtet.
doch das auffälligste am sozialverhalten der bonobos ist die vorherrschaft (oder besser vorfrauenschaft) der weiblichen tiere. die weibchen verschwestern sich, wobei sexuelle kontakte eine entscheidende rolle spielen, und bilden so eine liga gegen die körperlich überlegenen männchen. somit gelingt es ihnen, kollektiv die stellung in der gruppe einzunehmen, die bei anderen primatenarten das alpha-männchen inne hat.
eine weitere auswirkung des sexuellen kollektives ist die erscheinung, dass besondere leckerbissen nicht mehr allein dem alpha-tier zustehen, und die anderen nur bekommen, was dieses übriglässt, sondern dass geteilt wird. sex erfüllt dabei eine friedensstiftende funktion.
erst auf dem 14. primatologenkongress 1992 in strassburg wurden zweifelsfreie belege für dieses außergewöhnliche verhalten der bonobos vorgelegt. seither ist das interesse der wissenschaft an den bonobos deutlich gestiegen. besonders anthropologen erwarten sich aufschlüsse in bezug auf die frühgeschichte des menschen.