Saturday, March 25, 2006

Pilze im Innenraum















Im Raiffeisenhof organisierte das Hygiene-Institut das spannende Symposion "Pilze im Innenraum". Am Podium: Johannes Rainer, Robert Schlacher, Peter Tappler, Helmut Mayrhofer und Walter Buzina.
Schimmel und holzzerstörende Pilze können in Gebäuden hygienische, medizinische und bauliche Probleme hervorrufen. In diesem Symposion ging es um die Biologie der Schadpilze, deren Auswirkungen auf die Gesundheit und die Bausubstanz sowie um die Prävention oder die Sanierung bei Befall. Zum Schluss wurden auch noch rechtliche Belange behandelt. Das ganze Symposion war sehr interessant und äußerst informativ!

Monday, March 20, 2006

Logisch? Logisch!

Logisch – was heißt das?
Im alltäglichen Sprachgebrauch erscheint das Wort häufig als Affirmation im Sinne von „natürlich“, „selbstverständlich“, „offensichtlich“. Doch das ist nicht die eigentliche Bedeutung von „logisch“, sobald das Wort als Ableitung vom Substantiv „Logik“ verstanden wird. In diesem originären Zusammenhang heißt es so viel wie „folgerichtig“, „widerspruchsfrei“ oder modern ausgedrückt „analytisch“ und „erfüllbar“. Denn das sind die Hauptkriterien einer jeden Logik, wobei jeder der genannten Ausdrücke den anderen impliziert (also was folgerichtig ist, ist auch widerspruchsfrei, analytisch und außerdem erfüllbar)! Rein formal handelt es sich also um Synonyme – nach Frege haben sie zwar die gleiche Bedeutung aber verschiedenen Sinn.
Doch Logik verlangt noch mehr: Um Sätze bilden zu können, die folgerichtig, widerspruchsfrei und erfüllbar (also logisch-analytisch) sind, ist auch eine Semantik und eine Syntax erforderlich. Die Semantik legt fest, wofür die Zeichen, die in Beziehung gesetzt werden, stehen. Und die Syntax gibt an, welche Zeichenketten im logischen Sinne wohl geformt (und damit gültig) sind. Somit ist Logik nichts anderes, als die geordnete und regelhafte Manipulation von sinnhaften Zeichen!
Die Betonung liegt hier auf regelhaft und geordnet – modern auch „formal“ genannt. Eine logische Formulierung erfordert also ein formales System. Und dieses formale System liefert die Syntax. Grundsätzlich gibt es viele Möglichkeiten einer Syntax, die die Bildung von abzählbar-unendlich vielen Sätzen erlauben (Aleph-Null-Unendlichkeit). Welches System gewählt wird, ist reine Konvention und daher willkürlich. Doch wenn eine bestimmte Syntax ausgewählt ist, sind die systeminternen Regeln verbindlich. Ansonsten entstehen sinnlose Zeichenketten (unsinnige Sätze).
Auf natürliche Sprachen angewandt, lässt sich sagen, dass eine Sprache dann am ehesten die formalen Kriterien einer Logik erfüllt, wenn sie einer klaren und eindeutigen Syntax folgt. Wobei hier mit einer logischen Syntax gemeint ist, dass die Wortfunktion durch den Ort im Satz festgelegt ist. Dies ist vor allem bei isolierenden Sprachen der Fall, da dies hier die einzige Möglichkeit ist, eine grammatikalische Kategorie anzuzeigen. Über andere Kennzeichnungsvarianten verfügt eine isolierende Sprache nicht – es gibt hier ja normalerweise keine Wortderivationen. Daher werden diese Sprachen auch „analytische“ Sprachen genannt! Grammatikalische Funktionen werden durch die Syntax analytisch festgelegt. Vor allem Kreol-Sprachen zeichnen sich durch ein sehr formales Satzgefüge aus. Der Grund dafür liegt offensichtlich darin, dass es beim Vorgang der Kreolisierung kein verbindliches Grammatiksystem gibt, sodass sich spontan eine logische Syntax etabliert. Aber auch die chinesischen Sprachen sind ein gutes Beispiel dafür. Englisch ist auf gutem Wege dorthin. Zwar gibt es noch etliche Relikte aus seiner synthetischen Vergangenheit, doch die analytischen Strukturen setzten sich progressiv durch. Jedenfalls besitzt das Englische bereits über strikte Syntaxregeln, auf Grund derer die Wortfunktionen festgelegt sind – mit und ohne Derivationen!
Fast nie der Fall ist das bei synthetischen Sprachen. Die flektierende Sprachen besitzen häufig eine sehr variable Wortfolge. Extrem ist dabei das Latein, das manchmal sogar zusammengehörige Satzphrasen trennt. Doch nehmen wir aus verständlichen Gründen Deutsch als Beispiel:
1) Im Wald schießt der brave Jäger mit der Flinte gerade einen Bock. 2) Einen Bock schießt gerade der brave Jäger mit der Flinte einen Bock. 3) Der brave Jäger schießt mit der Flinte gerade einen Bock im Wald. 4) Der brave Jäger schießt im Wald gerade einen Bock mit der Flinte. 5) Im Wald schießt mit der Flinte gerade einen Bock der brave Jäger. 6) Mit der Flinte schießt gerade einen Bock im Wald der brave Jäger. 7) Einen Bock schießt gerade mit der Flinte im Wald der brave Jäger. 8) Gerade schießt der brave Jäger mit der Flinte im Wald einen Bock. Und so weiter.
Die einzige Konstante im Deutschen ist hier die Stellung des Verbs an zweiter Stelle (aber auch darauf ist kein Verlass). Die Syntax ist daher sehr variabel und erfüllt kaum eine strukturierende Funktion. Die Struktur und der Konnex im Satz werden vor allem durch grammatikalische Kategorien hergestellt (Genus/Kasus-System). Doch dieses System ist synthetisch und nicht analytisch. Spätestens seit Kant müsste allgemein bekannt sein, dass synthetische Systeme a posteriori gültig sind, währenddessen analytische Systeme a priori gelten. Das heißt, konstruierte Systeme sind vom Prinzip her nicht zugleich auch logisch, währenddessen analytische Systeme es stets sind!
Es ist also nicht von Ungefähr, warum Wilhelm Humboldt die Sprachen in diese beiden Kategorien einteilte. Analytische Sprachen zeichnen sich eben durch einen analytischen Sprachbau aus, bei dem die grammatikalischen Funktionen durch die Syntax, Zeiten und Aspekte des Verbs durch Hilfsverben oder Partikel (analytisch) ausgedrückt werden. Adverbiale Phrasen werden ebenfalls analytisch mit Hilfe von Partikeln (entweder Prä- oder Postpositionen) gebildet. Synthetische Sprachen drücken solche Verhältnisse zumeist durch komplexe und oft unregelmäßige Derivation aus – nicht selten durch Wort- oder Stammwechsel (z.B.: sein, bin, bist, ist, sind, seid, war, gewesen). Das Ergebnis ist zwar dasselbe – beide Sprachen sind in der Lage, einer Proposition Ausdruck zu verleihen, doch während analytische Sprachen die interne Logik eines Gedankens widerspiegeln, tun dies synthetische Sprachen im Allgemeinen nicht.

Tuesday, March 14, 2006

Latein ist unlogisch!

Ein alter Mythos wird zu Grabe getragen...



Latein wird immer noch gerne als Musterbeispiel einer logischen Sprache hingestellt. Ich bin kein Feind des Lateinischen (im Gegenteil: ich bin ein Freund aller Sprachen – auch des Lateins), dennoch muss ich als Aufklärer und Empiriker hier klar widersprechen. Das alte Vorurteil, das sich so stark hält, ist objektiv betrachtet absolut nicht haltbar!
Sofern der Begriff „logisch“ überhaupt auf eine natürliche Sprache angewendet werden kann, so ist er beim Latein jedenfalls fehl am Platz. In Bezug auf ein Sprache kann „logisch“ wohl nur meinen, dass es eine konsequente (d.h. widerspruchsfreie) Relation zwischen Form und Funktion eines Wortes oder eines Morphems geben muss. Würde das der Fall sein, wäre Latein eine einfach zu erlernende Sprache. Doch niemand behauptet – auch nicht die Lateinfanatiker – dass Latein eine leichte Sprache ist. Ganz im Gegenteil.
Meist wird argumentiert, dass Latein genaue Regeln kennt und sich daher eindeutig konstruieren lässt. Doch zeigt die Analyse, dass im Latein nichts dergleichen zu finden ist. Es gibt im Latein genau sechs Fälle in Ein- und Mehrzahl mit einer genau definierten Bedeutung, lautet die Behauptung. In Wahrheit hat keiner der lateinischen Fälle eine klare Bedeutung. Die einzelnen Fälle gleichen sich höchstens in der Mehrzahl ihrer Anwendungen. Doch dass ist kein hinreichendes Kriterium für „Logizität“. Der Gebrauch der Fälle ist daher im Latein primär eine Angelegenheit des grammatischen Zusammenhangs und der Sprachkonvention, nicht aber der Logik. Es ist nicht möglich, eine klare, eindeutige und durchgängige Regel für deren Verwendung anzugeben. So gibt es im Latein zwar einen Genitiv, der tritt uns aber in vielfältigen Funktionen entgegen. Die Lateiner unterscheiden daher zwischen einem Genitivus possessivus, partitivus, objectivus, explicativus, definitivus, qualitatis, pretii, criminis und subjectivus. Daher lässt sich die lateinische Formulierung „amor dei“ auf folgende Arten übersetzen: 1) die Gottesliebe, 2) die Liebe zu Gott, 3) die Liebe, die nur Gott gehört, 4) die Liebe als Teil Gottes; 5) die Liebe Gottes. Da soll sich jemand auskennen. Der eigentliche Sinn erschließt sich nur aus dem Kontext und ist grammatikalisch nicht festgelegt. Ähnliches gilt auch für die anderen Kasus: Ablativus instrumentalis, pretii, liminationis, mensurae, causae, modi, qualitatis, loci, temporalis, separatoris, originis, comparationis, absolutus sowie Dativus possessivus, commodi, finalis und auctoris. Wie soll bei dieser Fülle an Anwendungen ein klarer Ausdruck möglich sein? Wenn das Sprachgefühl nicht weiter hilft, bleibt nur noch das Raten. Aber es kommt noch dicker: es gibt auch keine eindeutigen Kasus-Markierungen! So kann die Endung –i für einen Genitiv im Singular (Maskulina und Neutra), für einen Nominativ im Plural (Maskulina), für einen Dativ oder Lokativ im Singular und bei gewissen Stämmen gar für einen Ablativ im Singular stehen. Noch verwirrender wird es bei der Endung –is (entweder Nominativ oder Genitiv im Singular oder aber Dativ und Ablativ im Plural). Die Endung –a kennzeichnet einen Nominativ Singular (Feminina), einen Vokativ Singular (Feminina), einen Ablativ Singular (Feminina), einen Nominativ Plural (Neutra), einen Vokativ Plural (Neutra) oder einen Akkusativ Plural (Neutra). Die Aufzählung der vieldeutigen Suffixe ist hier aber noch lange nicht zu Ende.
Es gibt im Latein wie bei den meisten flektierenden Sprachen weder eindeutige Endungen noch exakte Bedeutungen oder Funktionen derselben. Weder wird der Plural klar gekennzeichnet, noch die einzelnen Fälle. Zudem sind die einzelnen Deklinationsklassen nur tendenziell bestimmten Genera zugeordnet – normalerweise muss das grammatische Geschlecht mit dem Wort mitgelernt werden, da es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Wortform und Geschlecht gibt. In agglutinierenden Sprachen ist eine solche Situation undenkbar. Es gibt einen eindeutigen Suffix für den Fall (der auch eine eineindeutige Bedeutung hat) sowie eine eigene Endung für den Plural. Als Beispiel sei Ungarisch erwähnt. Hier werden räumliche Verhältnisse durch ein System von drei mal drei Suffixen wiedergegeben:
1. innen: in etwas sein – z. B. a házban – im Haus (drinnen)
2. innen: in etwas hinein – z. B. a házba – ins Haus (hinein)
3. innen: aus etwas heraus – z. B. a házból – aus dem Haus (heraus)
4. obenauf: auf etwas sein – z. B. a házon – auf dem Haus (oben)
5. obenauf: auf etwas hinauf – z. B. a házra – auf das Haus (hinauf)
6. obenauf: von etwas herunter – z. B. a házról – vom Haus (herunter)
7. daneben: bei etwas sein – z. B. a háznál – beim Haus (daneben)
8. daneben: zu etwas hin – z. B. a házhoz – zum Haus (hin)
9. daneben: von etwas weg – z. B. a háztól – vom Haus weg (hinfort)
Das System ist völlig logisch, regelmäßig und kennt keine Ausnahmen. Eine noch bessere Situation haben isolierende Sprachen. Sie können sich nur auf die inhärente Logik der Syntax verlassen. Somit sind diese im allgemeinen auch wesentlich logischer strukturiert und daher schneller zu erlernen (auch von den Babys)! Aber es ging den Lateinern nie um Klarheit, wie es die Abscheu vor (den klärenden) Präpositionen bezeugt: praepositiones, quae detractae afferunt aliquid obscuritatis, etsi gratiam augent. Wen wundert's da, dass das Flexionssystem verfallen ist...
Als zusätzliche Komplikation kommt hinzu, dass die Verwendung der Fälle vom jeweiligen Verb bestimmt wird. So steht das Objekt des Satzes nicht zwangsläufig im Akkustativ (ist doch logisch, nicht wahr). Einige Verben des Lateinischen verlangen als Objektsfall (oder sogar als Subjektfall) den Genitiv, manchmal auch einen anderen Kasus. Beispiele sind: tui obliviscor (ich vergesse dich – Genitiv); moris est (es ist Sitte - Genitiv); quid eius interest (was liegt ihm daran? - Genitiv); pecunia fit eius (das Geld bekommt er - Genitiv); paenitet me dicti (mich reut das Gesagte – Genitiv); persuadeo tibi (ich überrede dich – Dativ); mors nemini parcit (der Tod schont niemanden – Dativ) u.s.w. Aber die Sache wird noch komplizierter: da die flektierenden Sprachen auch durch heteroklitische Wortstämme gekennzeichnet sind (das heißt, bestimmte Begriffe werden je nach Kotext durch unterschiedliche Wörter oder Wortformen ausgedrückt), müssen für jeden Begriff meist mehrere Stämme gelernt werden, die je nach Fall benutzt werden müssen. So kann man sich auch auf die Wortstämme selbst nicht verlassen! (Beispiele sind iter/itineris oder Juppiter/Jovis oder Venus/Veneris). Das ist übrigens typisch für flektierende Sprachen. Am Auffälligsten und Ausgeprägtesten ist diese Erscheinung allerdings bei den Verben.
Damit kommen wir zur nächsten Wortgruppe, die wir betrachten müssen: zu den Zeitwörtern. Auch hier gibt es viele Ungereimtheiten. Erwähnt wurde bereits der Stammwechsel (Beispiele sind ago/egi/actum, cado/cecidi/casurum, edo/didi/ditum, fallo/fefelli/falsum, fero/tuli/latum, frango/fregi/fractum, fundo/fusi/fusum, gero/gessi/gestum, gigno/genui/genitum, pono/posui/positum, premo/pressi/pressum, tendo/tetendi/tentum, tero/trivi/tritum et cetera). Hinzu kommt, dass es Verben im Perfekt mit Präsensbedeutung sowie Verben im Passiv mit aktiver Bedeutung gibt. So kann der Satz „puer lavatur“ (Passiv) auf folgende Weisen verstanden werden: 1) der Junge wird gewaschen; 2) der Junge wäscht sich; 3) der Junge lässt sich waschen. Wo liegt hier der Sinn? Wo die innere Logik? Letztendlich sind das alles Konventionen. Die alten Lateiner argumentieren dabei sehr irrational: „Die Ausnahme bestätigt die Regel.“ Doch rein logisch betrachtet, widerlegt jede Ausnahme die Regel. Es gibt demnach keine gültigen Regeln. Es sind das sprachliche Gewohnheiten, die vom jeweiligen Kotext abhängen – und nicht von irgendeiner vorgegaukelten Logik!
Wenn noch berücksichtigt wird, dass es im Latein keinen fixen Syntax gibt – jedes Wort darf prinzipiell überall im Satz stehen – wird die Lage noch unübersichtlicher. So muss ein Lateinschüler so manches Rätsel lösen, z.B.: alta medio in horto ficus viridat, venusque spumanti in aqua nata est.*


Der berühmte Logiker Giuseppe Peano hat bereits die Unlogik des Lateins gebranntmarkt – weshalb er das klassische Latein als ungeeignet erachtete, als „linqua franca“ zu fungieren. Daher propagierte er ab 1903 sein „latino sine flexione“ – ein vom Ballast befreites Latein – in der bis 1950 sogar zahlreiche wissenschaftliche Publikationen verfasst worden sind.

Es gibt übrigens eine Kunstsprache, die völlig widerspruchsfrei nach dem prädikatenlogischen Modell konstruiert wurde: LogLan von James Cooke Brown.

Ostendit exemplis, quod lingua latina disserendi esse demonstrandum erat.



* Der hohe Feigenbaum grünt mitten im Garten, und Venus ist im schäumenden Wasser geboren oder geschwommen.

Wednesday, March 08, 2006

Radiästhesie

Von den Adern der Erde...
Die Idee, dass unsere Erde von Adern durchzogen ist, ist sehr alt und stammt aus der Antike. Über diese unterirdischen Flussläufe gelangte der Mensch in die Unterwelt, die ebenfalls als eine von Flüssen durchzogene Landschaft vorgestellt wurde. Aber auch die Minerale und Metalle lägen nach dieser Ansicht in Adern vor, die den Erdkörper durchziehen. Als Blut der Erde wurde der Hämatit angesehen, da er beim nassen Abschleifen eine rote Flüssigkeit entstehen lässt. Im Mittelalter setzte sich die Theorie von Thales durch, dass sich die Erdkruste vom Wasser abgesondert hätte. Diese Anschauung ließ sich auch gut mit dem jüngeren Schöpfungsbericht der Bibel in Einklang bringen. So beschrieb Albertus Magnus die Bildung von Erzadern als einen Destillationsvorgang. Auch Georgius Agricola sprach im 16. Jahrhundert noch vom „succus lapidescens“ – vom steinebildenden Saft der Erde. Paracelsus wiederum meinte, der immaterielle Geist schied einst die vier Elemente aus, die als Ausgangsstoffe für die Bildung der verschiedenen Stoffe dienten. Wirksam wurde dabei ein mystisches Ordnungsprinzip, das die Mineraladern in der Erde wie Pflanzen entlang von Wasseradern wachsen lässt. Die Wasseradern durchziehen dabei wie ein Geflecht den gesamten Erdkörper und bilden so die Matrix für das Mineralwachstum, wobei die Minerale gleichsam wie aus einem Samen hervorbrechen.
Heute weiß man, dass Wasser- und sonstige „Adern“ in den Bereich der Legende gehören. Die Vorstellung entstammt einem Analogiedenken, wobei der Erdkörper einem organischen Körper gleichgesetzt wurde, wie es zum Beispiel der Weltenriese Ymir in der germanischen Mythologie verdeutlicht. Unterirdische Wasserläufe gibt es zwar, sie sind aber eine Seltenheit und kommen praktisch nur in Karstgebieten vor. Ansonsten gibt es überall Grundwasser in Form von wasserführenden Flächen, die entweder stehend sind oder sich auch flächig verschieben können (also eine Drift zeigen). Also nix mit Adern!
Diese Aquiferen (die grundwasserführenden Schichten, die sich wie vollgesogene Schwämme verhalten) findet man auf wasserundurchlässigen Lagen (so genannten Aquikluden), wobei es fast überall Grundwasserschichten in mehreren Etagen gibt. Es ist also völlig gleich, wo man einen Brunnen bohrt, tief genug trifft man immer auf Grundwasser!
Was also Radiästheten mit ihren Instrumenten wahrnehmen, ist völlig unklar. Jedenfalls ist es weder Grundwasser noch sind es Wasseradern (die es ja nachweislich nirgends gibt). Es bleiben nur noch das Hartmann-Gitter und die Curry-Linien, die aber ebenfalls nicht nachweisbar sind. Beides sind ebenfalls Hirngespinste. Natürlich gibt es Erdstrahlen in Form von Radioaktivität, die nun wirklich lokalen Schwankungen unterliegen. Diese sind aber nie gemeint und können von Rutengängern auch nicht aufgespürt werden.
Es ist daher sehr plausibel, dass es sich bei der Ursache für die Radiästhesie nur um den so geannnten Carpenter-Effekt handelt, der durch den Glauben bzw. die Einbildung des Rutengängers unbewusst ausgelöst wird.

Monday, March 06, 2006

Der Wert der Religion

Ich kann Herrn Lingens nur zustimmen. David Hume hat bereits im 18. Jh. darauf hingewiesen, dass Religiosität keine Voraussetzung für ethisches Handeln darstellt – eher im Gegenteil. Religion ist in vielen Fällen die Legitimation für unmoralisches Handeln – wie es uns die Selbstmordattentate, die diversen Kreuzzüge oder die gezielte Sprengung von Moscheen in Bosnien unmissverständlich vor Augen führen. Wenn ein höherer Sinn dahinter steckt, der sich der Vernunft entzieht, so kann jede Gräueltat als Wohltat für die Menschheit oder als göttlicher Ratschluss verkauft werden. Und das ist ja auch oft genug geschehen. Ein vernunftgeleiteter Mensch tut sich hier schwer, eine Rechtfertigung zu finden. Er bleibt in der Schuld gefangen (dennoch werden Ungläubige oft als böse hingestellt – wer schützt deren Gefühle?). Ein religiöser Mensch hingegen ist gerechtfertigt. Zumindest in seiner eigenen Sicht. Was bleibt, ist Leid im Namen Gottes.

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Ferngesteuerte Sexualität

Das Geheimnis der Pheromone

Pheromone sind nichts anderes als Hormone mit Fernwirkung – das heißt, sie wirken nicht auf die Organe des eigenen Körpers, sondern auf das Verhalten anderer Individuen der gleichen Art. Abgegeben werden Pheromone über die Haut oder über spezielle Drüsen. Bei den Säugetieren gibt es ein eigenes Organ zur Registrierung von Pheromonen: das Jacobsonsche Organ oder auch Vomeronasalorgan. Es liegt paarig an der Basis der Nasenscheidewand und mündet meist in den Mundraum. Wenn Großsäuger flehmen, versuchen sie, Pheromone aufzuspüren.

Im Vomeronasalorgan werden die Pheromone detektiert und lösen ein artspezifisches Verhalten aus. Versuche mit genveränderten Labormäusen konnten zeigen, dass durch die Pheromone vor allem das Erkennen des Geschlechtes des Artgenossen gesteuert wird. Dabei löst das Pheromon ein aggressives Verhalten gegenüber dem eigenen Geschlecht aus. Zum Paarungsverhalten kommt es nur beim Gegengeschlecht. Werden die Gene für die Pheromonrezeptoren ausgeschaltet, so bleibt die Aggression gegen Geschlechtsgenossen aus – im Gegenteil, sie werden nun sogar als potenzielle Geschlechtspartner betrachtet. Bei den Mutanten setzt das typische Paarungsverhalten auch gegenüber Geschlechtsgenossen ein – die Mäuse sind bisexuell. Die Experimente zeigen, dass die Pheromone bei den Säugetieren in der Regel nicht die Paarung einleiten, sondern die Paarung mit Geschlechtsgenossen unterbinden!

In diesem Zusammenhang ist es von Interesse, dass beim Menschen das Vomeronasalorgan nur rudimentär angelegt ist oder überhaupt fehlt. Aber auch alle Gene, die die Pheromonrezeptoren sowie die Signaltranduktoren codieren, sind funktionsuntüchtig. Bei intaktem Vomeronasalorgan erfolgt die Signalverarbeitung und Verhaltenssteuerung unbewusst im akzessorischen Riechkolben, der beim Menschen auch nicht mehr vorhanden ist. Und nicht nur beim Menschen ist das Vomeronasalorgan ausgefallen – diese Degenerationerscheinung tritt bei allen Altweltaffen auf und geht erstaunlicherweise mit der Entwicklung des Farbsehens (Codierung von Farbrezeptoren) einher. Die Neuweltaffen besitzen ein intaktes Vomeronasalorgan, sind aber farbenblind! Daher ist die zurzeit vieldiskutierte Theorie naheliegend, dass die Pheromondetektion zugunsten des Farbsehens aufgegeben wurde – und das Sexualverhalten jetzt primär über visuelle Signale gesteuert wird. In diesem Zusammenhang ist es besonders auffällig, dass es bei Pavianen und anderen Altweltaffen starke Farbsignale im sexuellen Bereich gibt – bis hin zu extrem bunten Genitalien. Außerdem fällt bei unseren nächsten Verwandten – den Zwergschimpansen oder Bonobos – auf, dass sie in ihrem sexuellem Verhalten nicht zwischen den Geschlechtern differenzieren. Die Sexualität bekommt dort eine soziale Funktion neben der Fortpflanzung: sie dient der Gruppenbildung und dem sozialen Zusammenhalt sowie dem Aggressionsabbau. Feldforschungen haben gezeigt, dass die matriarchal strukturierten Bonobo-Gruppen regelmäßige sexuelle Kontakte untereinander pflegen – sozusagen jeder und jede mit jeder und jedem.

Beim Menschen dürfte die Sache ganz ähnlich liegen. Das bevorzugte Sexualobjekt scheint nicht festgelegt zu sein, sondern ist offen. Ob Pheromone (z.B. Androstenon) beim Menschen noch eine Wirkung haben, ist sehr umstritten. Diesbezügliche Studien zeigen keine eindeutigen Ergebnisse. Zumindest konnte keine robuste Verhaltenssteuerung nachgewiesen werden. Es dürfte aber noch eine Resterinnerung an die einstigen Wirkstoffe geben, da Parfüms, die tierische oder tierähnliche Pheromone (Moschus, Amber, Trüffel, Abelmoschus) enthalten, sich immer noch einer gewissen Beliebtheit erfreuen. Allerdings sind diese Pheromone beim Menschen nicht mehr verhaltensbestimmend, sondern bleiben schwache Attraktoren, die nur noch eine preferenzielle Neigung im Menschen auslösen. Die Substanzen scheinen also nach wie vor eine subtile Wirkung auf die hedonistische Motivation zu haben, auch wenn sie nicht mehr über ein vomeronasales Organ erkannt werden können.