Wednesday, February 22, 2006

Intelligentes Design? Eher nein...

Tja, die Kreationisten machen wieder von sich reden: das Design-Argument wird wieder gegen die Evolutionswissenschaft hervorgekramt. Es ist auch als Uhrmacher-Argument bekannt: die Uhr als komplexes und planvolles Gebilde kann nicht von selbst entstanden sein – daher muss es auch einen Urmacher geben. Nun, das Argument muss sich natürlich auch auf Gott selbst anwenden lassen: etwas so Vollkommenes und Komplexes wie Gott kann nicht von selbst entstanden sein – also braucht es einen Gottesschöpfer... (et ad infinitum). Allein das zeigt schon, dass der Schluss nicht gültig ist. Er wurde schon sehr früh als irrational entlarvt. Aber ich will mich hier gar nicht bei der Analyse des Arguments aufhalten – dazu ist eigentlich alles schon von kompetenterer Seite gesagt und nachgewiesen worden. Ich will mich auf die Kernaussage des Design-Argument konzentrieren: auf die implizite Behauptung nämlich, dass die Natur bzw. der Kosmos wohldurchdacht ist und somit von einer höheren Intelligenz zeugt.
Diese Behauptung ist grundfalsch und spiegelt nur Vorurteile und Wunschdenken wider. Die Natur selbst beweist das Gegenteil: ihr Design ist durchwegs unintelligent! Ich will hier nur zwei Beispiele für viele herausgreifen:

1) Der blinde Fleck im Auge zeigt, dass das Design nicht wohldurchdacht und eher mehr als nur suboptimal ist. Wie kann diese Aussage bewiesen werden? Indem uns die Natur selbst auch bessere Lösungen anbietet, die der Mensch allerdings durch ein evolutionäres Handycap nicht verwirklichen kann. Armfüßler besitzen beispielsweise everse Augen ohne blinden Fleck. Das heißt, das Auge des Oktopus hat eine dem Licht zugewandte Netzhaut – was eine optimale Lichtausbeute erlaubt. Das kommt daher, dass das Auge der Armfüßler einen anderen evolutiven Ausgangspunkt nahm: es entstand aus sogenannten Augengruben, die mit einer lichtempfindlichen Zellschicht ausgekleidet waren. Das inverse Auge der Vertebraten entwickelte sich hingegen aus sogenannten Becheraugen, wo die lichtempfindlichen Zellen durch die vordere Öffnung in einen Pigmentbecher hineinwachsen. Beide Systeme erfüllen den ursprünglichen Zweck gleich gut: sie erlaubten es, die Herkunftsrichtung einer Lichtquelle auszumachen. Aus beiden Anfängen entwickelten sich unabhängig voneinander typische Kamera-Augen mit Blende (Iris) und Linse. Doch die weder geplante noch intendierte Folge-Entwicklung brachte mit sich, dass das Auge der Wirbeltiere eine dem Licht abgewandte Netzhaut hat, die von den efferenten Nervenbahnen überlagert wird, die durch den blinden Fleck das Auge verlassen. Somit muss das Licht erst mehrere Zellschichten durchdringen, bevor es zu den eigentlichen Lichtrezeptoren vordringen kann. Das ist weder intelligent, noch optimal. Doch der Natur bleibt kein Ausweg – sie kann sich nur dessen bedienen, was bereits vorhanden ist, und nicht alles neu am Reißbrett entwerfen.

2) Auch die Geburt des Menschen durch das Becken zeugt nicht von intelligentem Design. Da die menschliche Geburt große Probleme macht, die andere Arten kaum kennen, war schon den Alten bekannt, weshalb der Mythos von den Geburtsschmerzen als eine Bestrafung für die sündhafte Frau Eingang ins Alte Testament fand. Der ganze Geburtsakt ist ein Kompromiss zwischen verschiedenen Ansprüchen, die die Natur an den Menschen stellt, die aber schwer in Einklang zu bringen sind. So geht der aufrechte Gang aus statischen Gründen mit einer Verengung des Beckens einher. Zugleich ist der Kopfumfang beim Menschen erheblich angewachsen. Von daher wäre es sinnvoll, die Geburt nicht durch das Becken vorzunehmen, sondern durch die Bauchdecke. Aber der Weg durchs Becken ist von der Evolution vorgegeben – die Natur kann eingeschlagene Wege nicht verlassen, nur weil sie sich unerwartet als nachteilig erweisen. In der Natur ist schließlich nichts geplant! Daher kann der Geburtskanal auch nicht verlegt oder neu angelegt werden – da er nun einmal schon da ist. Aus diesem Grund ist der Mensch eine physiologische Frühgeburt – er kommt in einem Stadium zur Welt, wo er noch getragen werden muss, und das Schädelwachstum noch nicht abgeschlossen ist (der Schädel besitzt eine so genannte Fontanelle und ist noch weich). Das alles ist kompliziert und risikoreich – einfach und intelligent hätten Ingenieure das ganze Konzept über den Haufen geschmissen und völlig neu designed. Doch dazu ist die Natur nicht in der Lage. Es war auch nicht vorgesehen, dass eine Primatenart einmal aufrecht geht und noch dazu sein Gehirnvolumen dermaßen vergrößert. Beides lässt sich mit der vorgegebenen ausstattung der Primaten nur schwer unter einem Hut bringen. Der Kompromiss ist die menschliche Frühgeburt durch ein durchschnittlich etwas breiteres Becken der Frau, alles miteinander suboptimal!

Wer nach diesen evidenten Unstimmigkeiten noch immer an ein intelligentes Design glaubt, ist blind für die Realität. Natürlich ist es verständlich, dass viele Menschen so denken, da es dem Erleben in ihrem Lebenskontext entspricht: wir handeln in der Regel planvoll und mit Intensionen. Also nehmen wir an, dass alles planvoll oder mit Intension versehen ist. Doch das ist eine ungültige Verallgemeinerung, die noch dazu einen unzulässigen Kategorienmix enthält: der Mensch überträgt die psychischen Empfindungen, die durch die sozialen Interaktionen ausgelöst werden, auf die physikalischen Gegebenheiten. Doch die physische Natur kennt keine Intension und ist planlos. Doch eines sollte uns klar sein, auch wenn es keine Konsequenzen für unser eigenes Leben hat: die kleinen Handlungen, die in unserem kurzen Leben von großer Wichtigkeit sind, verlieren in Relation zum gesamten Universum jedwede Bedeutung...

Ortstafelstreit

Der Streit ist um die zweisprachigen Ortstafeln in Südkärnten ist wirklich lächerlich und nur parteipolitisch motiviert. In der Bevölkerung hat sich die Situation glücklicherweise schon weitgehend entspannt, auch wenn gewisse politische Gruppierungen noch immer Kapital daraus schlagen wollen. Außerdem war die nationalistische Verhetzung auf beiden Seiten gegeben (wie man sieht, greift die deutschnationale Propaganda immer noch - wie zum Beispiel bei der künstlichen und nicht haltbaren Trennung von slowenisch und windisch). Es macht also keinen Sinn mehr, es sich gegenseitig aufzurechnen. Im Burgenland hat es nie Probleme mit der Zweisprachigkeit gegeben. In Rumänien hab ich persönlich fünfsprachige Ortstafeln gesehen. Und in Südfrankreich, Norditalien und Nordspanien sowie in Finnland sind zweisprachige Ortstafeln auch schon die Regel. Wo liegt das Problem? Slowenisch ist genauso österreichische Landessprache wie Kroatisch und Deutsch (obwohl wir in Österreich eigentlich dem bairisch-süddeutschen Sprachraum angehören). Ich hab kein Problem damit, im Gegenteil, ich empfinde es als Bereicherung! Schließlich sind Sprachen keine statischen Gebilde mit einem genau umgrenzten Territorium, die uns mit je einer eigenen Armee entgegentreten...
Norman Denison hat ganz richtig festgestellt, dass das größte Hindernis für die Völkerverständigung nicht die vielen kleinen Sprachgruppen sind, bei denen ohnehin Mehrsprachigkeit die Regel ist, sondern die großen Sprachblöcke, die sich weigern, fremde Sprachen zu sprechen!

P.S.: Ich muss zugeben, der Kommentar von Dr. Haider im Standard vom 24. Februar ist gut argumentiert und nachvollziehbar. Das bedeutet allerdings nicht, dass ich die Orttafelversetzung, die ich für populistisch halte, goutiere. Mir tun zweisprachige Ortstafeln nicht weh...