Ein Versuch über Sprache, Wahrheit und Erkenntnis
1. Die Welt ist alles, was der Fall ist (Wittgenstein 1929).
1.1 Die Sachverhalte konstituieren die wirkliche Welt, die Sprache erlaubt die Beschreibung der möglichen Welten.
1.11 Die Sprache ist der Raum aller möglichen Welten. Es gibt aber nur eine positive Welt. Diese besetzt einen kleinen Bruchteil des Sprachraumes. Daher gibt es mehr falsche denn wahre Sätze. (Es sind nicht automatisch 50% aller Sätze wahr, wie Popper das postuliert. Somit ist seine Interpretation der Bivalenz, daß die Verneinung jedes falschen Satzes sofort einen wahren Satz ergibt, als Grundlage für eine Logik der Forschung nicht brauchbar bzw. inadäquat.)
1.111 Es gibt falsche Sätze, deren Negation ebenfalls falsch ist. (Russell hat gezeigt, daß solche Sätze versteckte Existenzaussagen enthalten. Von Dingen, die es nicht gibt, ist jede Prädikation falsch, ob affirmativ oder negativ.)
1.112 Daneben gibt es auch Sätze, denen Wahrheit und Falschheit nicht zukommen, weil Propositionen und Fragen, die tatsächlich linguistisch sind, oft so ausgedrückt werden, als wären sie Tatsachenaussagen (Ayer 1939).
1.2 Die Realität hat keine Logik, da sie keine Beurteilung besitzt. Sie ist widerspruchsfrei. Nur in der Sprache lassen sich Widersprüche formulieren.
1.21 Die Beurteilung (wahr oder falsch) ist eine Eigenschaft von Propositionen, nicht von Sachverhalten.
1.22 Sachverhalte sind gegeben und weder wahr noch falsch.
1.23 Erst die Beurteilung (von Propositionen) in der Sprache erzeugt die Logik.
1.231 Die Logik ist der Sprache inhärent, da jeder Aussagesatz bereits ein Urteil ist (it’s a sentence). Er behauptet zugleich auch immer die Wahrheit der mit ihm ausgedrückten Proposition.
1.2311 Jede Aussage über Sachverhalte schließt gewisse Möglichkeiten aus. Je mehr sie ausschließt, um so höher ist ihr Informationsgehalt et vice versa. Da Sätze, wenn sie alles beinhalten (also nichts ausgrenzen), auch nichts aussagen, ist das auch die Grundbedingung für den Informationsgehalt der Aussage. Und ebenfalls für ihre Logizität: (p p). Die Logik ergibt sich zwangsläufig durch die Beurteilung in bezug auf wahr und unwahr (referentiell) bzw. auf gültig und ungültig (formal).
1.2312 Das Charakteristikum an der Logik ist ihre Asymmetrie (W W; F W F). Sie konserviert Wahrheit. Das scheint aber auch notwendig zu sein, um überhaupt Information behandeln zu können.
1.2313 Syllogistisches Schließen ist universell verbreitet (Hamill 1978).
1.2314 Logik ist die Kunst des folgerichtigen Denkens.
1.232 Die Welt wird dem Menschen gleichgültig, wenn alles gleich gültig ist (Fischer 1997).
1.3 Da die Sprache ein geschlossenes System ist, läßt sie sich nur von innen her begreifen. Ein äußerer Standpunkt scheint uns zu fehlen. Wichtig ist aber die Vermeidung von engen Zirkeln.
2. Welt und Sprache verweisen aufeinander, sind aber ansonsten unabhängig.
2.1 Die objektive Welt bildet sich in uns intersubjektiv ab (sie spiegelt sich in uns artspezifisch wider). Diese Bilder bringen wir in eine sprachliche Form.
2.101 Es gibt eine Welt der physikalischen Gegebenheiten und eine Welt des Intersubjektiven (Farben, Gerüche, Geschmäcker, Gefühle, Emotionen, etc.). Dieser Bereich hat die physikalische Welt zur Basis.
2.1011 In gewisser Weise sind auch diese emersiven Gegebenheiten existent (wenn auch nicht menschenunabhängig).
2.1012 Die Naturwissenschaften beschäftigen sich mit der objektiven Welt, die Geisteswissenschaften mit den Objektivationen des Subjektiven. Die Philosophie ist Mittlerin.
2.10131 Daneben sind auch (vom Menschen gesetzte) Konventionen in gewisser Weise existent. Die Sprache selbst stellt eine solche Konvention dar.
2.10132 Das heute Mittwoch ist, ist keine physikalische Gegebenheit, sondern eine Konvention. Es ist daher nicht wahr, daß heute Mittwoch ist, es ist bestenfalls formal richtig oder gültig. Dasselbe gilt für viele Bereiche aus der menschlichen Lebenswelt. Diese Gegebenheiten erhalten erst ihre Gültigkeit, weil sie institutionalisiert sind und weil die überwiegende Mehrheit der Menschen sich dementsprechend verhält. Sie schaffen ein künstliches Bezugs- oder Ordnungssystem bzw. geben ein allgemein verbindliches Schema vor. Dadurch wird Kommunikation erst möglich.
2.10133 Physikalische Gegebenheiten und ihre Emergenzen sind sachlich (real) und wirklich (aktual), konventionelle Gegebenheiten sind ausschließlich wirklich (aktual).
2.10134 Man kann daher in diesem Bereich nicht von Naturgesetzen sprechen, sondern bestenfalls von formalen und sozialen Normen. Das wird oft verwechselt.
2.10135 Konventionelle Gegebenheiten sind zwar relevant, aber gewissermaßen arbiträr.
2.10136 Außerhalb dieser beiden Bereiche gibt es nichts für uns Relevantes.
2.102 Physikalisch ist Farbe eine Teilchenwelle. Intersubjektiv erscheint sie uns als Tönung. Diese Tönung verweist zwar auf bestimmte Frequenzen, doch nicht unmittelbar. So erzeugt sowohl gelbwelliges Licht (580nm) als auch eine Mischung aus rotwelligem (520nm) und grünwelligem (620nm) Licht in uns den Eindruck gelb.
2.1021 Wir empfinden Dinge als warm oder kalt. Physikalisch gibt es aber so etwas wie Kälte überhaupt nicht.
2.1022 Wir empfinden Dinge so, wie sie für unser Überleben relevant sind. So liefert uns die Frequenz des Lichtes Aufschlüsse über den Zustand von Objekten (z.B. über den Reifegrad von Früchten, die Temperatur von Metallen, etc.). Die Empfindung Kälte zeigt uns beispielsweise, daß wir uns in einem Temperaturbereich unter unserem Temperaturoptimum befinden. Die Informationen werden also in bezug auf uns selbst neuronal interpretiert.
2.1023 Wie diese Tönung beim Farbsehen subjektiv gestaltet ist, ist irrelevant, solange die Referenzen intersubjektiv übereinstimmen (d.h. solange die Farbbegriffe dieselben Frequenzbereiche benennen).
2.1024 Andere Lebensformen haben andere Sinnesfenster (und andere neuronale Interpretationen dieser). So kennen Hunde keine Farbe (sie besitzen keine Rezeptoren für Farbeindrücke), Bienen hingegen verfügen über einen Farbkreis, der sich von unserem grundsätzlich unterscheidet.
2.10241 Für Fliegen ist Gestank attraktiv.
2.1025 Es gibt demnach primäre (objektive) und sekundäre (intersubjektive oder menschenabhängige) Eigenschaften des Realen.
2.103 Technische Hilfsmittel und bestimmte Versuchsanordnungen lassen uns über unsere Sinnenfenster hinausgehen. Sie objektivieren und ergänzen unsere subjektiven Eindrücke.
2.1031 Deshalb: Die sichtbaren Dinge bilden die Grundlage der Erkenntnis des Unsichtbaren (Anaxagoras).
2.104 Wahrnehmung beruht auf materieller Interaktion.
2.1041 Wenn wir etwas wahrnehmen, so nehmen wir die physikalische Wirkung des Objekts auf uns wahr. Das läßt Rückschlüsse auf seine und auf unsere Eigenschaften zu. Doch sind diese beiden Dinge auseinanderzuhalten.
2.1042 Wer die Erscheinung vom Objekt trennt, verdoppelt nur die Welt, ohne daß damit etwas gewonnen wäre. Phänomenologie ist epochal weltfremd.
2.105 Da die Welt ein geschlossenes System zu sein scheint, können wir sie nur von innen her begreifen. Ein äußerer Standpunkt scheint uns zu fehlen. Wichtig ist aber die Vermeidung von engen Zirkeln.
2.11 Die Sprache codiert die Welt.
2.12 Die sprachliche Form entspricht nicht den objektiven Gegebenheiten.
2.13 Logische Relationen lassen sich ad libitum aufstellen. Positive Beziehungen sind davon unabhängig.
2.1301 Die ungarische Suffigierung für mit läßt sich auf zwei Arten darstellen:
2.13011 Der Wortstamm erhält den Suffix -el, wobei der Auslautkonsonant verdoppelt wird. Folgt der Suffix auf einen Vokal, wird ein v als Bindekonsonant eingeschoben. (3 Regeln)
2.13012 Der Wortstamm erhält den Suffix -vel, wobei das v nach einem konsonantischen Auslaut mit diesem assimiliert wird. (2 Regeln)
2.1302 Beide Regelsysteme verweisen auf die gleiche sprachliche Ausformung im Ungarischen. Es läßt sich von daher nicht entscheiden, welches davon richtig ist, da beide Interpretationen zum gleichen Ergebnis führen. Allerdings ist nach dem Ockhamschen Ökonomieprinzip das zweite Bildungsmodell vorzuziehen. (Es entspricht wahrscheinlich auch der diachronen Genese der rezenten sprachlichen Form.)
2.131 Die Empirie hilft uns bei der Beantwortung der Frage, welche logischen Relationen mit den positiven Beziehungen übereinstimmen.
2.14 Die logische Form ist insofern das Apriori in der Sprache, als sie sich zwangsläufig aus einer beliebigen, als wahr behaupteten Aussage ergibt. Wenn eine Aussage Information enthält, verhält sie sich zugleich logisch. Der Inhalt (Intension) das Aposteriori. Die sprachliche Form wird also mit Inhalt (Sinn) gefüllt.
2.141 Von daher scheint Quines Vorwurf, daß es keine strikte Trennung von synthetischen und analytischen Urteilen gibt, gerechtfertigt. Der Inhalt muß mit der Extension übereinstimmen, doch die Extension läßt sich nur empirisch oder definitorisch oder durch den Gebrauch (ergo synthetisch) bestimmen.
2.142 Rein formal ist jede folgerichtige Implikation analytisch. Allerdings sind die Prämissen und Begriffe häufig synthetisch (von der Erfahrung her) erworben. Reine Analytik ist daher unproduktiv, nichtssagend, tautolog.
2.2 Der Sprachraum charakterisiert u.a. die intersubjektive Form einer objektiven Wirklichkeit, geht aber bei weitem darüber hinaus.
3. Die Sprache erzeugt Modelle der Welt.
3.1 Wie eine Landkarte nicht der Welt entspricht, aber dennoch Bezug darauf nimmt, entspricht auch das sprachliche Modell nicht der Welt, nimmt aber Bezug darauf. Es genügt Übereinstimmung.
3.2. Landkarte und Sprache ermöglichen eine Orientierung in der Welt.
3.3 Wer behauptet, Erkenntnis sei nicht möglich, ist in Wahrheit orientierungslos.
3.31 Das Urteil Erkenntnis ist unmöglich ist selbstwidersprüchlich und somit unerfüllbar, weil es sich dabei selbst bereits um eine postulierte Erkenntnis handelt. Daher ist es vernünftiger auf das Urteil Erkenntnis ist möglich zu bauen, auch wenn man Irrtümer eingestehen muß.
3.32 Jeder verläßt sich auf Erkenntnisse, um das alltägliche Leben zu meistern. Ansonsten wäre jeder Tag von Ungewißheit und extremer Lebensgefahr geprägt.
3.321 Als begeisterter Sammler von Pilzen, Wildkräutern und –früchten ist es unabdingbar zu wissen, was eßbar oder unbedenklich ist und was nicht. Ansonsten wäre ich schon längst widerlegt (tot).
3.33 Woher wissen wir überhaupt, daß es Sinnestäuschungen gibt? Weil wir es erfahren haben. Wir wissen, daß uns in gewissen Situationen die Sinne getäuscht haben. Wenn uns die Sinne aber ständig täuschen, dann können wir von Sinnestäuschungen nichts wissen. Es ist eine unzulässige Generalisierung aufgrund einzelner Sinnestäuschungen auf die prinzipielle Unzuverlässigkeit der Sinne zu schließen.
3.331 In Wahrheit sind Sinnestäuschungen nur selten wirklich Täuschungen der Sinne – die Sinne registrieren das, was es zu registrieren gibt. Nur unsere Interpretation der Perzeption (aufgrund unserer Alltagserfahrung oder aufgrund der neuronalen Verarbeitung) stimmt nicht immer mit den realen Gegebenheiten überein.
3.332 Nur einer, der Jäger von Torpfosten unterscheiden kann, kann einen Torpfosten für einen Jäger halten; und nur einer, der weiß, wie weiße Mäuse aussehen, kann sich einbilden, weiße Mäuse zu sehen, ohne zu wissen, daß er sich nur etwas einbildet (Ryle 1949).
4. Die Grundlage einer Beurteilung bildet der partikuläre Satz.
4.1 Partikuläre Sätze sind erkenntnistheoretisch relativ unproblematisch, aber auch ziemlich unergiebig.
4.2 Der Existenzsatz läßt sich verhältnismäßig leicht an der Realität prüfen.
4.21 Die Wissenschaft scheidet wahre von falschen Aussagen.
4.22 Was logisch existiert, ist nicht notwendigerweise auch realiter existent. Logische Existenzaussagen sind ontologisch indifferent.
4.23 Logisch läßt sich vieles behaupten. Die Naturwissenschaft differenziert Existenzbereiche und grenzt Inexistentes aus. Sie entlarvt sprachliche Fiktionen.
4.231 Metaphysik ist, wenn von Dingen die Rede ist, welche als existent behauptet werden, obwohl man prinzipiell nicht entscheiden kann, ob es sie gibt oder nicht.
4.2311 Die Aussage, daß es einen Pegasus gibt, erzeugt keinen prinzipiellen logischen Widerspruch. Sehr wohl aber widerspricht sie physikalisch-anatomischen Gesetzen.
4.2312 Die Aussage, daß es Besucher aus fernen Galaxien gibt, erzeugt keinen prinzipiellen logischen Widerspruch. Sehr wohl aber widerspricht sie der Relativitätstheorie.
4.232 Eine Proposition, die sich einer Beurteilung entzieht, ist mit recht irrelevant.
4.2321 Das gilt insbesondere für Prädikationen mit so obskuren Eigenschaften wie grot (Goodman 1954).
4.2322 Es ist besser, Fragen offen zu lassen, deren Beantwortung (noch) nicht möglich ist. Worüber man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen (Wittgenstein 1929).
4.233 Der Naturwissenschaft geht es nicht um mögliche Welten.
4.3 Erkenntnistheoretische Probleme entstehen mit der Generalisierung (Verallgemeinerung).
4.31 Universale Sätze sind nicht mehr klar zu beurteilen. Sie entziehen sich in gewisser Weise der Prüfung und damit der eindeutigen Beurteilung.
4.32 In der Alltagssprache sind Universalsätze oft nicht generell gemeint. Sie verweisen bloß auf hohe Wahrscheinlichkeit. Somit ist die Alltagssprache probabilistisch intendiert.
4.321 Man kann Allsätze aber auch fuzzy auffassen, als mehr oder weniger alle.
4.33 Dasselbe gilt für Begriffe. Eigennamen sind relativ unproblematisch. Gemeine Namen sind oft nicht klar zu umgrenzen (Extensionsproblem). Sie verweisen meist nur auf Prototypen. (Damit würden wir uns in der fuzzy set theory von Lotfi Zadeh (1965) und seiner (devianten) Logik bewegen.)
4.331 Nicht selten definiert der Gebrauch die Intension eines Begriffes. Das gilt insbesondere für formale Wörter (die logischen Funktoren oder Synsemantika). Aber auch nicht selten für referenzielle Wörter (die Autosemantika).
4.3311 Intension und Extension sind zwei Seiten einer Medaille.
4.33111 Sprachintern scheint es Universalien zu geben, sprachextern gibt es allerdings nur Einzeldinge.
4.33112 In der Intension schwingen auch noch andere Bereiche der Sprache mit. Neben der referenzellen Bedeutung (Denotat) werden auch Wertvorstellungen und Gefühle übermittelt (Konnotate). Dies ist aber für eine Logik der Forschung unerheblich. Sehr wohl aber für eine Logik der Ethik und Ästhetik. Das sind aber geisteswissenschaftliche Disziplinen.
4.33113 Die Sätze der Ethik und Ästhetik können nicht beurteilt werden (in bezug auf die Alethie), sondern nur bewertet (in bezug auf die Kolokagathie). Sie befinden sich außerhalb des empirischen Kontextes.
4.33114 In der Alltagssprache werden beide Bereiche leider regelmäßig auf unheilvolle Weise vermengt.
4.33115 Naturphilosophie und Wertphilosophie sind zwei ganz verschiedene Dinge. Wenn man sie verwechselt, kann daraus nichts als Unheil entstehen (Russell 1957).
4.3312 Die sprachinternen Begriffsfelder sind taxonomisch oder paradigmatisch geordnet.
4.332 Die Wissenschaft präzisiert die Begriffe, um klare und unmißverständliche Aussagen und Schlußfolgerungen machen zu können.
4.3321 Eine Abgrenzung (Definition) rettet die bivalente Logik, ist aber nicht immer adäquat.
4.33211 In realitate gibt es keine absoluten Grenzen. Alle Übergänge sind fließend.
4.33212 Wenn ein Korn kein Haufen ist, dann sind auch unendlich viele Körner formal keinen Haufen (Sorites). Allerdings können durch die Assoziation dieser vielen Teile neue Eigenschaften emergieren. Einem System von Einzelteilen kommen oft Eigenschaften zu, die die Einzelteile selbst nicht besitzen.
4.3322 Dennoch scheint es Vielfalt zu geben. Es lassen sich viele einzelne Phänomene (Gestalten, Individuen) unterscheiden. Klassenbildung hat mit Ähnlichkeit zu tun.
4.33221 Erkenntnis hat mit Unterscheidung zu tun.
4.33222 Unterschiede sind wesentlich: p p
4.33223 Für Differenzierungen ist der Maßstab nicht unerheblich.
4.33224 Das Bivalenzkriterium lautet: Ein bißchen falsch ist einfach falsch.
4.3323 Künstliche Differenzierungen können die logische Handhabbarkeit des sprachlichen Modells optimieren.
4.33231 Die Digitalisierung ist eine solche künstliche Einführung von immer gleichen Einheiten, die als Mittelbegriffe Relationen über nahezu beliebige Gegenstände herstellen lassen. Die Gegenstände brauchen nichts gemein zu haben.
4.33232 Die (metrische) Digitalisierung schafft ein künstliches Bezugssystem und ist daher aktual (wirksam).
4.333 Wissenschaft desambiguiert die Sprache und legt ihr eine bivalente Logik zugrunde, indem sie die Begriffe klar abgrenzt. Wissenschaftliche Begriffe gleichen daher in gewisser Weise Maßstäben.
4.34 Auch der Konditional (d.i. die logische Subjunktion) erfährt eine gewisse Generalisierung. Seine Kontrafaktizität läßt ihn fast als Universalsatz erscheinen. Auch hier ist die Prüfbarkeit erschwert.
4.341 Die Implikation ist vom Konditional zu unterscheiden. Die Subjunktion ist ein Urteil über eine Bedingungsrelation und somit eine synthetische Behauptung. Die Implikation bezeichnet eine logisch richtige Folgerungsbeziehung und ist somit analytisch.
5. Jeder Allsatz ist unbegründet und daher induktiv.
5.1 Die Induktion ist das irrationale Prinzip der Wissenschaften.
5.11 Die Sätze der Wissenschaft sind von der Erfahrung her unterdeterminiert (Quine 1953).
5.12 Die Induktion läßt sich nur pragmatisch begründen. Der Erfolg gibt ihr Recht.
5.121 Um nicht in die Irre zu laufen, empfiehlt die praktische Vernunft, bei der Generalisierung von Fakten auszugehen. Eine große Anzahl von Daten ist die beste Basis für die Theorienbildung.
5.122 Intuition ist dabei maßgeblich beteiligt.
5.123 Die Empirie ist das Korrektiv der Vernunft.
5.13 Die Deduktion erlaubt uns schließlich Prognosen.
5.131 Wissenschaft ist die Kunst der Vorhersage!
5.2 Die Vernunft liefert uns keine Erkenntnisse, sie setzt immer schon irgendwelche Prämissen voraus.
5.3 Logik ist das Ausmessen von Information.
6. Eine Theorie (Modell) ist ein Komplex von (All)Sätzen unter bestimmten Rahmenbedingungen.
6.1 Eine Theorie läßt sich als holistisches Bild auffassen. Jeder Satz steht in einem logischen Zusam-menhang mit den anderen Sätzen. Nur ein einziger Satz kann eine ganze Theorie gültig oder ungültig machen.
6.2 Es ist nahezu unmöglich, eine Theorie eindeutig zu beurteilen. Eine Theorie läßt sich bestenfalls auf Konsistenz prüfen.
6.21 Die Praxis zeigt, was eine Theorie leistet.
6.211 Abgeleitete Singularsätze werden an der Realität getestet.
6.2111 Stimmt der Singularsatz nicht mit den Gegebenheiten überein, bedeutet das nicht notwendigerweise, daß die ganze Theorie zu verwerfen ist. Bisweilen ist die Widerlegungsinstanz ungültig. Oft genügt eine kleine Korrektur oder Einschränkung.
6.2112 Wenn ein Flugzeug abstürzt, sind die Theorien rund um die Flugtechnik nicht automatisch widerlegt.
6.2113 Ein Widerlegungsdatum ist nicht immer eindeutig. Es kann sich um eine Fehlinterpretation, um einen Meßfehler oder aber um eine nicht berücksichtigte Einschränkung handeln. Oder eine der zugrundegelegten Theorien ist mangelhaft.
6.3 Fast immer hängt eine Theorie von anderen ab. Viele wissenschaftliche Disziplinen bestehen aus einem System von Theorien.
7. Die Sprache ist aber zu mehr zu gebrauchen, als nur zur Beschreibung der Welt. Sprache kann z.B. die Welt verändern. Sie ist aktual (wirksam).
Wilhelm Richard Baier im Mai/Juni 1995
überarbeitet im Juli 1997
8. LITERATURHINWEISE
8.1 Ayer, Alfred J. (1936): Sprache, Wahrheit und Logik.
8.2. Fischer, Ernst Peter (1997): Die Ästhetik ist die Mutter der Ethik. Vortrag vom 14. April in Graz
8.3 Goodman, Nelson (1954): Tatsache, Fiktion und Voraussage.
8.4 Hamill (1978): siehe Stichwort Logik in: Bernhard Streck (1987): Wörterbuch der Ethnologie.
8.5 Quine, Willard Van Orman (1953): Von einem logischen Standpunkt.
8.6 Russell, Bertrand (1957): Warum ich kein Christ bin.
8.7 Ryle, Gilbert (1949): The concept of mind.
8.8 Wittgenstein, Ludwig (1921): Tractatus logico-philosophicus.
8.9 Zadeh, Lofti (1965): Fuzzy sets. In: Information and Control.
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