Logisch – was heißt das?Im alltäglichen Sprachgebrauch erscheint das Wort häufig als
Affirmation im Sinne von „natürlich“, „selbstverständlich“, „offensichtlich“. Doch das ist nicht die eigentliche Bedeutung von „logisch“, sobald das Wort als Ableitung vom Substantiv „
Logik“ verstanden wird. In diesem originären Zusammenhang heißt es so viel wie „
folgerichtig“, „
widerspruchsfrei“ oder modern ausgedrückt „
analytisch“ und „
erfüllbar“. Denn das sind die
Hauptkriterien einer jeden Logik, wobei jeder der genannten Ausdrücke den anderen impliziert (also was folgerichtig ist, ist auch widerspruchsfrei, analytisch und außerdem erfüllbar)! Rein formal handelt es sich also um Synonyme – nach
Frege haben sie zwar die gleiche
Bedeutung aber verschiedenen
Sinn.
Doch Logik verlangt noch mehr: Um Sätze bilden zu können, die folgerichtig, widerspruchsfrei und erfüllbar (also logisch-analytisch) sind, ist auch eine
Semantik und eine
Syntax erforderlich. Die
Semantik legt fest, wofür die Zeichen, die in Beziehung gesetzt werden, stehen. Und die Syntax gibt an, welche
Zeichenketten im logischen Sinne wohl geformt (und damit gültig) sind. Somit ist Logik nichts anderes, als die geordnete und regelhafte Manipulation von sinnhaften Zeichen!
Die Betonung liegt hier auf regelhaft und geordnet – modern auch „
formal“ genannt. Eine logische Formulierung erfordert also ein
formales System. Und dieses formale System liefert die Syntax. Grundsätzlich gibt es viele Möglichkeiten einer Syntax, die die Bildung von abzählbar-unendlich vielen Sätzen erlauben (
Aleph-Null-Unendlichkeit). Welches System gewählt wird, ist reine
Konvention und daher willkürlich. Doch wenn eine bestimmte Syntax ausgewählt ist, sind die systeminternen Regeln verbindlich. Ansonsten entstehen sinnlose Zeichenketten (unsinnige Sätze).
Auf natürliche
Sprachen angewandt, lässt sich sagen, dass eine Sprache dann am ehesten die formalen Kriterien einer Logik erfüllt, wenn sie einer klaren und eindeutigen Syntax folgt. Wobei hier mit einer logischen Syntax gemeint ist, dass die Wortfunktion durch den Ort im Satz festgelegt ist. Dies ist vor allem bei
isolierenden Sprachen der Fall, da dies hier die einzige Möglichkeit ist, eine grammatikalische Kategorie anzuzeigen. Über andere Kennzeichnungsvarianten verfügt eine isolierende Sprache nicht – es gibt hier ja normalerweise keine
Wortderivationen. Daher werden diese Sprachen auch „analytische“ Sprachen genannt! Grammatikalische Funktionen werden durch die Syntax analytisch festgelegt. Vor allem
Kreol-Sprachen zeichnen sich durch ein sehr formales Satzgefüge aus. Der Grund dafür liegt offensichtlich darin, dass es beim Vorgang der Kreolisierung kein verbindliches Grammatiksystem gibt, sodass sich spontan eine logische Syntax etabliert. Aber auch die
chinesischen Sprachen sind ein gutes Beispiel dafür.
Englisch ist auf gutem Wege dorthin. Zwar gibt es noch etliche Relikte aus seiner synthetischen Vergangenheit, doch die analytischen Strukturen setzten sich progressiv durch. Jedenfalls besitzt das Englische bereits über strikte Syntaxregeln, auf Grund derer die Wortfunktionen festgelegt sind – mit und ohne
Derivationen!
Fast nie der Fall ist das bei
synthetischen Sprachen. Die flektierende Sprachen besitzen häufig eine sehr variable
Wortfolge. Extrem ist dabei das Latein, das manchmal sogar zusammengehörige
Satzphrasen trennt. Doch nehmen wir aus verständlichen Gründen Deutsch als Beispiel:
1) Im Wald schießt der brave Jäger mit der Flinte gerade einen Bock. 2) Einen Bock schießt gerade der brave Jäger mit der Flinte einen Bock. 3) Der brave Jäger schießt mit der Flinte gerade einen Bock im Wald. 4) Der brave Jäger schießt im Wald gerade einen Bock mit der Flinte. 5) Im Wald schießt mit der Flinte gerade einen Bock der brave Jäger. 6) Mit der Flinte schießt gerade einen Bock im Wald der brave Jäger. 7) Einen Bock schießt gerade mit der Flinte im Wald der brave Jäger. 8) Gerade schießt der brave Jäger mit der Flinte im Wald einen Bock. Und so weiter.
Die einzige Konstante im Deutschen ist hier die Stellung des Verbs an zweiter Stelle (aber auch darauf ist kein Verlass). Die Syntax ist daher sehr variabel und erfüllt kaum eine strukturierende Funktion. Die Struktur und der Konnex im Satz werden vor allem durch grammatikalische Kategorien hergestellt (
Genus/
Kasus-System). Doch dieses System ist synthetisch und nicht analytisch. Spätestens seit
Kant müsste allgemein bekannt sein, dass synthetische Systeme a posteriori gültig sind, währenddessen analytische Systeme a priori gelten. Das heißt, konstruierte Systeme sind vom Prinzip her nicht zugleich auch logisch, währenddessen analytische Systeme es stets sind!
Es ist also nicht von Ungefähr, warum
Wilhelm Humboldt die Sprachen in diese beiden Kategorien einteilte. Analytische Sprachen zeichnen sich eben durch einen analytischen Sprachbau aus, bei dem die grammatikalischen Funktionen durch die Syntax, Zeiten und
Aspekte des
Verbs durch
Hilfsverben oder
Partikel (analytisch) ausgedrückt werden. Adverbiale
Phrasen werden ebenfalls analytisch mit Hilfe von Partikeln (entweder Prä- oder Postpositionen) gebildet. Synthetische Sprachen drücken solche Verhältnisse zumeist durch komplexe und oft unregelmäßige
Derivation aus – nicht selten durch Wort- oder Stammwechsel (z.B.: sein, bin, bist, ist, sind, seid, war, gewesen). Das Ergebnis ist zwar dasselbe – beide Sprachen sind in der Lage, einer
Proposition Ausdruck zu verleihen, doch während analytische Sprachen die interne Logik eines Gedankens widerspiegeln, tun dies synthetische Sprachen im Allgemeinen nicht.